Pathologie: „Wichtiges diagnostisches Fach“

Primaria Dr.in Evelyn Gräf, Leiterin der Abteilung für Klinische Pathologie und Mikrobiologie an der Klinik Oberwart, sprach über das Thema „Pathologie“ in der „Radio Burgenland Sprechstunde“ am 25. Januar 2024 mit ORF-Moderatorin Nicole Aigner.  

Die Pathologie beschäftige sich mit der Untersuchung, mit dem Verlauf, der Entstehung und den Auswirkungen von Krankheiten. Primaria Dr.in Evelyn Gräf erklärt: „Wörtlich bedeutet die Pathologie die Lehre des Leidens. Entgegen der vorherrschenden Meinung in der Bevölkerung stehen wir aber nicht nur im Obduktionssaal. Das Fach hat viel mehr zu bieten wie etwa histologische, mikrobiologische oder zytologische Untersuchungen. Die Pathologie ist sehr wichtiges diagnostisches Fach.“ Etwa zehn Prozent der Verstorbenen werden obduziert in den Kliniken der Gesundheit Burgenland. „Wenn die Krankheitsursache oder der Tod unklar ist und wenn Patienten knapp nach einer OP sterben, dann obduzieren wir immer. Grundsätzlich wird die Obduktionsrate aber immer weniger, da die Voruntersuchungen immer genauer werden“, so Primaria Dr.in Evelyn Gräf.

Informationsaustausch sehr wichtig

Die Arbeit in der Pathologie habe immer auch etwas Detektivisches, dazu nennt die Primaria ein Beispiel: „Man hat etwa eine Harnblasenentzündung und gibt bei der urologischen Ambulanz eine Harnprobe ab. Die Probe kommt zu uns auf die Pathologie und wird auf Nährböden aufgestrichen und untersucht. Wir erkennen dann welches Bakterium die Entzündung verursacht und können dementsprechend eine Empfehlung für ein passendes Antibiotikum abgeben.“ In direkten Kontakt mit den Patientinnen und Patienten komme man zwar nicht, aber durch den engen Austausch mit den Klinikerinnen und Klinikern erfahre man schon, ob die Betroffenen gesund werden. „In der Pathologie brauchen wir Informationen über den Patienten vom Kliniker. Es braucht daher einen guten Informationsaustausch. Bei Krebspatienten sind wir im Tumorboard vertreten. Wir stellen die Diagnose, erklären diese und legen zu einem gewissen Teil auch die Therapie fest“, erklärt die Leiterin der Abteilung Klinische Pathologie und Mikrobiologie.

Untersuchungsmaterial vom Baby bis zum Greis

In der Pathologie brauche man ein sehr breit gefächertes Wissen. „Wir beschäftigen uns mit Untersuchungsmaterial vom Baby bis zum Greis. Wir untersuchen Harn, Blut, Gewebsabstriche, Punktate, Biopsien und große Operationspräparate. Wenn man stationär aufgenommen ist, findet sich in fast jeder Krankengeschichte ein Befund der Pathologie. Wir sind also sehr wichtig bei der Diagnose“, erzählt Primaria Dr.in Evelyn Gräf.

Im Durchschnitt habe man zurzeit Befundausgangszeiten von vier Tagen. „Man muss aber differenzieren, ob es sich um eine Routinebiopsie handelt wie bei einer Vorsorgeuntersuchung oder ob der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung wie ein Karzinom besteht. Bei einer Routinebiopsie ist der Befund schon am nächsten Tag fertig, bei Verdacht auf eine bösartige Erkrankung sind zusätzliche Untersuchungen notwendig. Diese brauchen länger“, so Primaria Dr.in Evelyn Gräf.

Entwicklung Richtung Digitalisierung

In den letzten 20 Jahren habe sich sehr viel in der Pathologie weiterentwickelt. „Die Befunde werden immer aufwändiger. Es werden mehr Zusatzuntersuchungen angeboten, damit der Patient eine zielgerichtete Therapie erhalten kann. Außerdem geht die Entwicklung in Richtung Digitalisierung, wir schauen uns die Präparate nicht mehr im Mikroskop an, sondern sie werden gescannt und können ortsunabhängig am Bildschirm untersucht“, so Primaria Dr.in Evelyn Gräf. So sei tageweise sogar Home-Office für Pathologinnen und Pathologen möglich. „Leider ist die Pathologie ein Mangelfach, aber durch die Digitalisierung wird unser Bereich sicher zusätzlich attraktiver gemacht“, erklärt die Primaria.

Archivierung für 30 Jahre

Es gebe eine enge Zusammenarbeit mit Pathologien in Graz und Wien. „Wenn es für Studienzwecke gewünscht ist, versenden wir auch Proben, damit diese verwendet werden können“, so Primaria Dr.in Evelyn Gräf. Die Proben müsse man nach dem Gesetz 30 Jahre aufbewahren. „Die Proben werden in Paraffinblöcke gegossen und sind sehr lange haltbar. Das bedeutet, dass wir beispielsweise Proben einer Blinddarmoperation vor 25 Jahren in unserem Archiv haben“, so die Primaria.

Vorsorgeuntersuchungen wichtig

Die beiden Schwerpunkte von Primaria Dr.in Evelyn Gräf sind Mamma- und Gynäkopathologie, hier gehe es um Brustkrebspräparate aber auch um Veränderungen der Gebärmutter und Eierstöcke. „Ich plädiere hier absolut für die Vorsorgeuntersuchungen. Je früher eine Erkrankung hier erkannt wird, desto besser sind die Prognosen. In Zukunft sehe ich die Liquid-Biopsy als sehr wichtig an, dabei wird abgenommenes Blut auf Tumorzellen untersucht“, so Primaria Dr.in Evelyn Gräf abschließend.